Die Abenteuer vom wiehernden Wecker und seinen Freunden -
Auftakt-Geschichte
Oh menno, da nervt er wieder: der wiehernde Wecker: Doch er tickt nicht und er ist keine Uhr. Der wiehernde Wecker ist ein weiß geschecktes Pony mit einer langen, rotblonden Walle-Mähne, die in der Sonne seidig schimmert. Mit seinen vielen Punkten im Fell sieht der wiehernde Wecker ein bisschen aus wie das Pferd der Kleine Onkel von Pippi Langstrumpf. Bloß das Weckers Punkte nicht schwarz, sondern rot wie ein Fuchs sind. Und jeden Morgen wiehert Wecker so laut in seiner Box, dass keiner mehr in seiner Nähe ein Auge zubekommt. Darum wird er von allen nur der wiehernde Wecker genannt.
Und in Weckers Nähe gibt es ganz schön viele, die in aller Herrgottsfrühe wegen Wecker kein Auge mehr zu bekommen. Da ist zum Beispiel Weckers Stallnachbar Pony Pups. Der große Braune mit der schwarzen Mähne und dem winzigen weißen Fleck auf der Nase ist Weckers bester Freund und er hat seine Box direkt gegenüber von Wecker. Und jeden Morgen denkt Pony Pups ein bisschen genervt: „Manno Wecker, jetzt halt doch mal dein Pferdemaul. Ich krieg ja kein Auge mehr zu.“ Und manchmal ärgert er sich so über den Krach“, dass ihm ein kleiner Pups entfleucht. Und weil ihm das besonders oft passiert, wenn er mit Wecker auf der Wiese tobt, heißt er bei allen einfach nur Pony Pups.
Und dann ist da noch die alte Stute Oma Hasenfuß, die ihre Box neben Wecker hat. Oma Hasenfuß ist eine alte Rappstute, die trotz ihres hohen Alters ängstlich wie ein junges Häschen ist - und heißt darum Hasenfuß. Erst neulich hat sie sich vor einem bunten Blatt erschrocken, das der Wind ihr vor die Nase gepustet hatte. Da machte Oma Hasenfuß so einen gewaltigen Satz zur Seite, dass sie dabei fast hingefallen wäre. Natürlich bekommt Oma Hasenfuß auch jeden Morgen einen Riesen-Schreck, wenn Wecker plötzlich so laut wiehert. „Da steh’ ich hier gemütlich in meiner Box und döse noch so vor mich hin und plötzlich wird man vom wiehernden Wecker aus dem Schlaf gerissen“, denkt Oma Hasenfuß jeden Morgen.
Die beste Freundin von Oma Hasenfuß ist Frau Wimper-Klimper. Die große hellbraune Stute, deren Farbe man auch Palomino nennt, hat ihre Box neben Oma Hasenfuß. Und jeden Morgen, wenn Wecker so laut wiehert, klimpert sie mit ihren sehr, sehr langen, hellen Wimpern und schaut mit ihren großen dunklen Kulleraugen rüber in Weckers Box. „Der Wecker ist einfach zu ungeduldig“, denkt sich dann Frau Wimper-Klimper. Sie ist überhaupt ein sehr schönes Pferd. Allerdings ist sie ein bisschen zu dick, weil sie immer die Haferkörner und Heuhalme verdrückt, die die anderen liegen gelassen haben.
Auf dem kleinen Bauernhof mitten im Land Brandenburg bei Berlin hat es sich aber noch jemand gemütlich gemacht. Direkt hinter Weckers Box, in dem dichtem Holunderbusch, wohnt der Spatz Spezi. Der kleine Haussperling - so nennt man Spatzen auch - wird von allen einfach nur Spezi gerufen, weil er super schlau ist. Denn Spezi hat studiert.
Lange Zeit hatte er nämlich seinen Wohnsitz direkt neben der Humboldt-Universität in Berlin. Immer, wenn die Studenten Pause hatten und im Garten vor der Uni in ihren Büchern büffelten, schaute ihnen Spezi über die Schulter und las heimlich fleißig mit. Mal lugte Spezi von einem Baum herunter, mal saß er auf einer der Steinfiguren im Garten oder auf einem Mauervorsprung und beobachtete die Studenten. Er hat sogar wie sie so einen kleinen blauen Pullover an, dem Markenzeichen der Humboldt-Uni.
Oft hüpfte Spezi auch frech dicht an den jungen Leuten vorbei. So bekam er nicht nur was Interessantes zu Lesen, sondern oft sogar ein paar Brotkrümel. An manchen Tagen hatte der Spezi Spatz so viel gelernt, dass ihm abends mächtig sein Knopfaugen-Kopf glühte.
Manchmal tat ihm auch ein bisschen der Bauch weh, weil er zu viel Brot gepickt hatte. Denn Brot ist eigentlich ungesund für Vögel, weil es Salz enthält und Piepmätze wie Spezi auf Dauer krank macht.
Aber irgendwann hatte Spezi dann keine Lust mehr auf das Stadtleben. „Ich mach’ einen Ausflug zu meinen Verwandten aufs Land. Wenn es mir da gefällt, bleibe ich einfach da“, dachte Spezi damals und flog los.
Und weil der Weg von Berlin bis aufs Land gar nicht so weit ist, war er schon bald auf dem Bauernhof gelandet, auf dem Wecker und seine Kumpels zu Hause sind, aber auch Spezis Verwandten in einer großen Spatzenkolonie leben. Einige von Spezis Tanten und Onkel schlafen nachts aufgeplustert im Stall, andere, wie Spezi in der dichten Holunderhecke hinter Weckers Box.
Und als Wecker auch diesen Morgen wieder erneut tief Luft holte, und zum dritten Mal lauthals wiehern wollte, reichte es dem Spezi-Spatz. Aufgeregt flatterte er auf seinem Schlafplatz in der Holunderhecke hin und her und wetterte los: „Manno, Wecker. Jeden Morgen das gleiche. Dein Gewieher nervt“, piepste Spezi ärgerlich.
„Ja, Spezi hat recht“, grummelten nun auch Pony Pups, Oma Hasenfuß und Frau Wimper-Klimper.
Und nun schaute Wecker ganz schuldbewusst runter auf seine vier hellen Hufe. Ganz leise sagte er zu Spezi und den anderen. „Aber ihr wisst doch, warum ich wiehere. Ich rufe so die Bäuerin Janna, damit sie uns das Frühstück bringt.“
„Aber Janna vergisst uns niemals. Sie kommt jeden Morgen und bringt uns Frühstück. Du bist einfach zu ungeduldig, Wecker“, tadelte ihn Frau Wimper-Klimper mit klapperte mit ihren langen Wimpern.
Und plötzlich spitzten alle Pferde die Ohren. Auch der Spezi-Spatz legte sein braun-graues Köpfchen schief und lauschte. Jetzt hörten es alle: Janna kam in ihren gelben Gummistiefeln um die Ecke geschlappt. Denn sie hat ihr kleines Bauernhaus mit den roten Ziegeln und den grauen Dachziegeln direkt am Stall. Mit ihr im Haus wohnt auch ihr Mann Bruno, der schwarze Kater Feldmann und die großen Hunde Toffe und Zottel.
„Ja, ja - ich komm’ ja schon. Ich weiß, dass ihr Hunger habt“, sagte Janna und Wecker und die anderen Pferde grummelten nun leise vor Freude.
Mit einem lauten Quietschen machte Janna zuerst die grün gestrichene Stalltür von Weckers Box auf und schüttete ein Maß Hafer in Weckers grünen Futternapf. Ein Maß Hafer ist ungefähr so viel wie auf einen großen tiefen Teller passt. Dann bekamen Oma Hasenfuß, Pony Pups und schließlich Frau Wimper-Kimper ihr Frühstück.
War das ein Mampfen und Geschmatze. Alle Pferde kauten nun genüßlich ihren Hafer, den der Futter-Hersteller extra durch eine große Presse gejagt hatte, damit die Körner gequetscht sind und so besser verdaulich für Pferdemägen sind.
Und kaum hatten alle Pferde ihren Hafer verdrückt, öffnete Janna eine Stalltür nach der anderen und alle Pferde galoppierten vom Stall auf die Koppel, wo für jedes Pferd noch ein großes Netz mit Heu hing. Jedes Netz war so prall mit über 7 Kilo Heu gefüllt und so groß, dass mindestens zehn Fußbälle darin Platz gefunden hätten.
Natürlich bekam Oma Hasenfuß auf dem Weg zum Heunetz wieder einen Schreck, weil eine Amsel auf dem Misthaufen nach dicken Regenwürmern suchte. Und Pony Pups passierte es wieder als er ins Freie galoppierte - das kleine Geräusch aus dem Po. Aber es war so leise, dass es nicht mal Wecker bemerkte, der direkt hinter Pony Pups lief.
Und zum Schluß schlenderte wieder Frau Wimper-Klimper auf die Koppel. Natürlich hatte sie vorher wieder alle Futternäpfe inspiziert und die übrig gebliebenen Haferkörnchen genascht. Außer im Napf von Wecker war kein Körnchen mehr übrig. Der Spezi Spatz war schon längst angeflattert und hatte die letzten Körnchen in Weckers Napf aufgepickt. Nun saß Spezi satt und zufrieden auf seinem Schlafplatz in der dichten Holunderhecke und beobachtete amüsiert, wie die dicke Frau Wimper-Klimper ein bisschen enttäuscht zu den anderen auf die Koppel trabte.